Auf dieser Seite wollen wir Ihnen als verstreut lebende Gemeinde jeweils kurze unitarische Glaubensimpulse, Andachten und Denkanstöße geben.
Dies kann zu christlichen Festtagen oder auch zu besonderen Anlässen sein. In unitarischer Tradition nennen wir solche Glaubensimpulse auch Lichtsprüche. Lassen Sie uns gern eine Rückmeldung zukommen. Wir würden uns freuen, mit Ihnen und Euch ins Gespräch zu kommen.
Gedanken zu Weihnachten 2024
Dezember 2024
Teile des nordamerikanischen Unitarismus standen Weihnachten als christlichem Fest bis in das 19. Jahrhundert hinein ablehnend gegenüber. Sie teilten die (puritanische) Ansicht, dass das Weihnachtsdatum in der Bibel nicht angegeben ist und sich die Entwicklung des Weihnachtsfestes letztlich auf außer-christliche (heidnische) Wurzeln zurückführen lässt. Die frühen Christen haben Weihnachten beispielsweise nicht gekannt. Auf der anderen Seite wird dem unitarischen und aus Deutschland stammenden Schriftsteller Karl Follen zugeschrieben, als einer der ersten den Weihnachtsbaum in Nordamerika verbreitet zu haben. Kurze Zeit später verfasste der englische, dem Unitarismus nahestehende, Schriftsteller Charles Dickens die bekannte sozialkritische Weihnachtsgeschichte A Christmas Carol, die den Gemeinschaftsgedanken zu Weihnachten hervorhebt. Mitte des 19. Jahrhunderts komponierte der unitarische Musiker und Organist James Pierpont schließlich das Stück Jingle Bells. Auch unsere Vorstellung vom Weihnachtsmann geht zum Teil auf Unitarier zurück. So verfasste bereits 1822 der anglikanische Schriftsteller Clement Clark Moore das Gedicht A Visit from St. Nicholas. Basierend auf Moores Gedicht zeichnete später der aus der Pfalz stammende unitarische Karikaturist Thomas Nast die Figur des Weihnachtsmannes. Beide entwickelten die Figur des Nikolaus weiter zum Weihnachtsmann, wie wir ihn heute kennen. Dies alles zeigt zum einen den unitarischen Einfluss im Kulturleben Nordamerikas im 19. Jahrhundert. Es zeigt aber auch, unter welch unterschiedlichen Blickwinkeln Weihnachten gesehen werden kann.
Zeitgleich mit Weihnachten wird in diesem Jahr auch das jüdische Lichterfest (Chanukka) gefeiert. Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels nach dem Makkabäeraufstand gegen hellenisierte Juden und die Seleukiden im Jahr 164 vor Christus. Nach der Überlieferung hätte das im Tempel noch verfügbare Öl den Tempelleuchter noch einen Tag brennen lassen. Stattdessen aber brannte das Licht ganze acht Tage. Hieraus entwickelte sich das Fest der Tempelweihe, dem vor 2000 Jahren auch Jesus beigewohnt hat (vgl. Johannes 10,22). Obwohl Chanukka als relativ junges Fest nicht in der Tora genannt wird, ist es heute das jüdische Fest, das besonders nach außen sichtbar ist. Zum Teil werden auf öffentlichen Plätzen auch größere Chanukka-Leuchter (Chanukkia) aufgestellt. Da Chanukka aber eben nicht in der Tora genannt wird, haben zum Beispiel die aus dem Unitarismus entstandenen Sabbatarier in Siebenbürgen Chanukka nicht gefeiert.
Ganz gleich, ob Sie und Ihr Weihnachten oder Chanukka feiern / feiert oder auch nicht - wir wünschen Ihnen und Euch schöne und besinnliche Tage und alles Gute für das neue Jahr.
Lichtspruch zu Ostern 2024
März 2024
Die Tage werden wieder spürbar heller und der Frühling breitet sich aus. Mit dem beginnenden Frühling stehen auch Karfreitag und Ostern ins Haus - und somit die höchsten christlichen Feiertage im Jahresablauf. Feiertage wie Ostern geben uns oft Anlass inne zu halten und auch Fragen zu stellen - in Hinblick auf unser Leben, unsere Beziehungen und zum Glauben. Jesus selbst stellte diese Fragen auch - und schärfte damit oft den Blick seiner Freunde und Jünger. Fragen können rhetorisch sein oder auch provozierend. Vor allem aber können gute Fragen neue Perspektiven eröffnen und helfen, Beziehungen zu vertiefen. Oft sind es auch eher die Fragen, die neue Wege aufzeigen, als die Antworten. Eine interessante Frage hat uns Matthäus überliefert. In Matt. 16 wird berichtet, wie Jesus seine Jünger fragte, für wen ihn die Menschen halten. Die Jünger antworteten, einige würden glauben er wäre Johannes der Täufer, andere Jeremia und wieder andere glaubten, er wäre einer der früheren Propheten. Jesus fragt seine Freunde schließlich ganz direkt - und fragt nicht im theologischen Sinne, sondern fragt direkt nach der persönlichen Beziehung und der Erfahrung der Jünger mit ihm. Die Frage betrifft letztlich auch uns. Wer ist Jesus für uns? Wie gestalten und prägen wir Beziehungen und unser Leben - und letztlich auch unseren Glauben? In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch ein schönes Oster- und Pessach-Fest 2024.
Die Enthauptung von Johannes Sylvanus am Tag vor Heiligabend
Dezember 2023
Heute gehe ich in Gedanken etwa 450 Jahre zurück in die Geschichte: Am 23. Dezember 1572 wurde der Theologe und Pfarrer Johannes Sylvanus auf dem Marktplatz in Heidelberg enthauptet – Einen Tag vor Heiligabend und vor den Augen seiner beiden Kinder. Zuvor war er im Heidelberger Schloss festgesetzt und gefoltert worden. Sein Vergehen: Er hatte die Trinität nicht anerkannt – und das noch nicht einmal offen, sondern in einem Brief, der dem Kaiser und dem pfälzischen Kurfürsten zugespielt wurde. Wie kann es sein, dass ein Mann allein wegen solch einer Glaubensfrage sein Leben verlieren musste?
Sylvanus (latinisiert für Waldner) stammte wahrscheinlich aus dem Etschland (Südtirol), hatte in Wien studiert, wurde Domprediger in Würzburg, wandte sich in Tübingen der Reformation zu und wurde schließlich reformierter Pfarrer in Ladenburg in der Pfalz. Sylvanus hatte noch ein Glaubensbekenntnis verfasst, das aber leider nicht mehr erhalten ist. Mit ihm inhaftiert war Adam Neuser, der zuvor Pfarrer an der Peterskirche und Heiliggeistkirche in Heidelberg gewesen war. Neuser konnte noch fliehen, Sylvanus aber musste sterben. Warum? Eventuell weil sein Glaube dem Machtanspruch des Kurfürsten gefährlich geworden war? In einem Territorium, dass sich erst einige Jahre zuvor mit dem Heidelberger Katechismus der reformierten Konfession zugewandt hatte?
Bis heute erinnert nichts in Heidelberg an dieses Verbrechen. Es gibt keinen Erinnerungsort, keine Gedenktafel oder ähnliches. Es scheint um diese Tat erdrückend still geworden zu sein. Umso mehr liegt es an uns, nicht zu vergessen und das Gedenken an Menschen wie Johannes Sylvanus und andere weiterzutragen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch einen besinnlichen und auch etwas nachdenklichen Jahresausklang.
Welche Bedeutung schreiben wir heute Ostern zu?
April 2023
Ostern soll nach Pfingsten das am stärksten säkularisierte christliche Fest sein. Zugleich bilden die Kar- und Ostertage den Höhepunkt des Kirchenjahrs. Ostern bewegt sich somit zwischen einem rasanten Bedeutungsverlust christlicher Institutionen und dem Anspruch höchster christlicher Feiertag zu sein. An Ostern werden zentrale religiöse Fragen von Tod, Auferstehung und Gott behandelt – aber wieweit spielt das in unserem Alltag noch eine Rolle? Wenn wir mit Freunden oder Kollegen über die anstehenden Ostertage sprechen oder mit der Familie zusammen den Ostersonntag feiern – werden diese Fragen dann angesprochen oder ist es nicht eher Anlass für kurze Zeit aus Beruf und Alltagsverpflichtungen ausbrechen zu können?
Aber wofür steht Ostern eigentlich? Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 und somit kurze Zeit nach Ostern, von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, fasste die Kernbotschaft der Ostertage folgendermaßen zusammen: Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln. Ostern ist somit ein Fest der Hoffnung und des Gott-Vertrauens. Vielleicht können Feiertage wie Ostern auch einfach ein guter Anlass sein, sich an diese Hoffnung zu erinnern – an Ostern, aber auch danach.
In den Worten Jesu: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich jetzt euch! (Joh. 20,21)
Allen ein schönes Oster- und Pessachfest.